Offener Brief zur Rentenpolitik – ein Appell an die Politik

von Gerhard Hücker (Kommentare: 0)

Offener Brief zur Rentenpolitik – Appell an die Politik

 

An die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau Bärbel Bas, Berlin

Betrifft: Rentenpolitik für eine Gesellschaft im Wandel – Der Appell eines Unternehmers
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,

die Fakten alarmieren: junge Menschen be­fürch­ten, dass sie das, was sie in die staat­liche Ren­ten­ver­si­cherung einzahlen, nie wieder­sehen. Immer weniger Beitragszahler müssen immer mehr Rentnerinnen und Rentner finan­zieren; 1955 etwa sechs Bei­trags­zahler einen Rentner, 2024 eins-komma-acht Bei­trags­zahler.

Ein Wissenschaftler fordert jetzt, dass wohl­ha­ben­de Rentner arme Rentner unterstützen sollen. Wie skurril geht es noch?

  • 18 % der deutschen Rentner gelten als ar­muts­ge­fähr­det, 25 % haben weniger als 1.000 € pro Monat zur Verfügung, obwohl sie 9,3 % ihres Brutto­ein­kom­mens ein­ge­zahlt haben, und ihr Betrieb noch einmal 9,3 %.
  • Die Soziallasten der Unter­neh­men be­tra­gen derzeit etwa 22 %, davon ent­fallen 44 % alleine auf die Ren­ten­ver­si­cherung.

Reformen ohne Wirkung: Flickwerk statt Systemwandel

Alle bisherigen Reformen kurierten an Symp­to­men – ohne nach­hal­tigen Erfolg. Auch Ihr neues Renten­paket wird die soziale Unge­rech­tig­keit zu Lasten der jungen Beitragszahler erhöhen. Der Beitragssatz wird von derzeit 18,6 % auf 22,3 % im Jahr 2035 steigen.

Und was macht die Politik? Was machen Sie? Sie diskutieren über das Renteneintrittsalter, sie be­schlie­ßen die Einsetzung einer Kommission, frei nach dem Motto: Und wenn Du nicht mehr weiter weißt, dann gründe einen Arbeitskreis. Ordnungspolitische Überlegungen – eine Auf­gabe der Politik – bleiben auf der Strecke.

Was sich grundlegend ändern muss

Es ist doch relativ einfach

  1. Die Beitragszahler müssen sicher sein, dass sie zumindest ihr eingezahltes Geld mit Zins und Zinseszins zurückerhalten.
  2. Die Belastung der Beitragszahler muss pro­zen­tual nach oben begrenzt werden, um Pla­nungs­si­cher­heit zu haben.
  3. Alle Beitragszahler müssen gleich be­han­delt werden.

Hier einige Verbesserungsvorschläge

  1. Warum soll der Beitragszahler zu Renten­zah­lungen herangezogen werden, die staatlich veranlasst sind?
    Nein! Denn es ist ein Griff des Staates in fremde Taschen.
    Kindererziehungszeiten, Aus­bil­dungs­zei­ten, Ex-DDR-Pensionen, Mütter­rente usw., sind Auf­ga­ben des Staates, er sollte sie auch fi­nan­zieren.

  2. Warum muss der Staat ein Renten­ein­tritts­alter festlegen?
    Es gibt Beschäftigte, die gerne über die Al­ters­grenze hinaus arbeiten möchten, was infolge des Fachkräftemangels sicherlich auch sinnvoll ist, und es gibt Arbeitnehmer, die vor Erreichen der Altersgrenze schon nicht mehr arbeiten können.
    Mein Vorschlag: Keine Renten­ein­tritts­grenze, sondern eine Berechnung der Rente nach der Anzahl der Beitragsjahre oder -monate. 50 Jahre Bei­trags­zah­lungen können als Basis dienen, denn sie bilden die vo­raus­sicht­liche Realität ab – Arbeit ab 16/20 bis 66/70 Jahre. Es sollte jedem Arbeitnehmer und Selbst-ständigen über­lassen bleiben, wann er »in Rente geht«. Er kann dies ohne Abschläge tun, wenn er 50 Bei­trags­jahre erfüllt hat, ansonsten gibt es Kürzungen.

  3. Warum werden die verschiedene Ver­sor­gungs­werke wie bei den Beamten, Ärzten, Rechts­an­wälten, Politikern u.a. auf­recht­er­halten?
    Die durchschnittlichen monatlichen Alters­be­züge bei ruhestandsfähigen Beamten liegt zwischen 3.200 € bis 3.300 €, bei gesetzlich Versicherten bei ca. 1.150 € – 1.250 €. Dies ist nicht zu vermitteln.

  4. Warum ist die Rentenversicherung nicht auch für Selbstständige verpflichtend?
    Das schafft potentiell Probleme, wenn die Versorgung im Alter alleine vom Erfolg des Betriebes abhängt.
    Mein Vorschlag: Bei einer Reform nur noch eine verpflichtende gemeinsame Grund-Altersversorgung für alle Beschäftigten, auch für Eigentümer-Unternehmer, vorsehen. Alle anderen Ver­sor­gungs­werke sukzessive abwickeln, selbst, wenn es viele Jahre dauert.

  5. Warum müssen Unternehmen 50 % der Renten­kassen­bei­träge zahlen?
    Seine Lebensversicherung bezahlt der Ver­sicherte doch auch selbst, oder?
    Mein Vorschlag: Es geht auch ohne Zwangs­beiträge der Unternehmen. Nur der Versicherte zahlt in die staatliche Renten­ver­sicherung ein.

  6. Warum gibt es keine verpflichtende Betriebsrente?
    Andere Länder machen es uns doch vor.
    Mein Vorschlag: Betriebsrenten werden in Deutschland für alle Unternehmen eingeführt. Sie könnten z.B. über bran­chen­spe­zi­fische Kollektiv­ver­träge zwischen Arbeitgebern und Ge­werk­schaf­ten, Kammern oder Standes­ver­tre­tungen geregelt werden; quasi-obli­ga­to­risch – rechtlich nicht vom Staat vor­ge­schrie­ben, aber faktisch für alle Be­schäf­tigten ver­pflich­tend – behandelt werden.

Hier das Beispiel einer zukünftigen fairen Rente für alle, nach ver­si­che­rungs­mathe­ma­tischen Be­rech­nungen, unter folgenden Annahmen:

  • Durchschnittseinkommen per Monat € 5.000,– brutto.
  • Beitrag zur staatl. Rentenversicherung 10 % vom Bruttoeinkommen, alleine vom Ver­si­cherten zu bezahlen.
  • Beitrag zur betrieblichen Renten­ver­si­che­rung 10 % vom Brutto­ein­kommen, allein vom Betrieb zu zahlen.
  • 50 Beitragsjahre.
  • Geldanlage in staatlich abgesicherten Fonds – siehe Norwegen.

Ergebnis

Die staatliche Rentenversicherung ergibt nach heutiger Kaufkraft eine monatliche Altersrente von € 1.534,–
Die betriebliche Rente ergibt nach heutiger Kaufkraft eine monatliche Altersrente in gleicher Höhe von € 1.534.-

Beide Säulen führen zu einer sicheren Alters­rente von monatlich ca. 3.000 €
Und Versicherte und Unternehmen haben die Sicherheit, dass ihre Beitragsbelastung nie über jeweils 10 % des jeweiligen Bruttolohns steigen wird. Es besteht also Planungssicherheit.

Dazu könnte als 3. Säule die private Alters­vo­rsorge kommen. Das sollte man den Betroffene selbst überlassen. Deshalb sind sie nicht vor­her­zusagen.


Ich appelliere an Sie: Wir brauchen keine Sym­bol­po­li­tik, sondern ein funktionierendes System mit gerechter Lastenverteilung und klaren Zielvorgaben.

Gerne stehe ich für einen Dialog zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Hücker

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